Villagers

Villagers

Entwickler:         bumblebee
Publisher:          Avanquest Software
Genre:              Aufbaustrategie
Plattformen:        PC
Preis:              ca. 19,99 Euro
Offizielle Website: http://www.villagers-game.co.uk/

Geschwister?

Erinnert ihr euch noch an das Aufbaustrategiespiel Banished? Als der Titel vor ein paar Jahren veröffentlicht wurde, verkaufte er sich wie geschnitten Brot. Das Spiel erfreut sich großer Beliebtheit, obwohl es vor allem auf relativ einfache Mittel setzt. Keine Story, keine Kämpfe, keine Diplomatie, keine Szenarien, kein Multiplayer … „nur“ der nackte Kampf ums Überleben. Seit ein paar Wochen ist nun das Aufbauspiel Villagers erhältlich, welches sich häufiger den Vergleich mit Banished gefallen lassen muss.

Tatsächlich könnten die Titel rein optisch Geschwister sein. Wahrscheinlich vermuten deshalb so viele hinter Villagers ein zweites Banished. Nichtsdestotrotz ist Villagers keine Kopie von Banished und die Vergleiche nur teilweise angebracht. Los geht es schon bei der Zielgruppe. Die ist nämlich jeweils eine andere. Banished richtet sich vor allem an erfahrene Strategen. Der Einstieg ist knackig, das Spiel nicht auf die leichte Schulter zu nehmen und Fehler können einen schnell sämtliche Dorfbewohner kosten. Villagers ist da deutlich entspannter. Der Einstieg ist auch für Anfänger leicht zu meistern, das Spiel nimmt einen deutlich mehr an die Hand und ist für erfahrene Strategie-Fans sogar viel zu einfach und auf Dauer nicht fesselnd. Villagers richtet sich also vor allem an Gelegenheitsspieler und Genreneulinge.

Das Herzstück ist die Kampagne, welche sechs Kapitel umfasst. Zu Spielbeginn dürft ihr wählen, ob ihr gern weiblich oder männlich sein möchtet. Anschließend startet ihr euer Abenteuer in einer mittelalterlichen Spielwelt, in der ein verheerender Krieg tobt. Doch Gefahren lauern teilweise viel näher an eurer Haustür, als der entfernt wütende Krieg. Banditen, wilde Tiere und die Pest verbreiten Schrecken. Mehr oder weniger freiwillig werdet ihr zum Städtebauer, da ihr dadurch ein paar wenige Menschen vor den Kämpfen schützen könnt. Krieg verheißt nie etwas Gutes. Früher oder später endet allerdings jeder Kampf und dann braucht es intakte Ortschaften.

Also beginnt ihr, eine kleine Siedlung zu errichten. Diese ist auch recht idyllisch, bis eines Tages eine tödliche Krankheit eingeschleppt wird. Gerade als meine neuen Wohnhäuser stehen und der erste Nachwuchs unterwegs ist, lässt mich die Kampagne alle Zelte abbrechen. Vor Krankheit und Tod flüchtend geht es fort. Im Laufe der Story verschlägt es den Spieler an die unterschiedlichsten Orte wie ein Sumpfland und eine Bergregion. Leider traut sich Villagers nicht, dabei die Hand vom Spieler loszulassen. Die Ziele sind relativ eng gesteckt, weshalb ihr nicht wirklich darüber nachdenken müsst, wie ihr mit neuen Situationen am besten umgehen solltet.

Ihr habt stets genaue Ziele vor Augen – bau ein Sägewerk, hab 10 Soldaten, überstehe einen Banditenangriff. Ein paar großzügiger gesteckte Ziele hätten dem Spiel gut getan. Natürlich braucht es aufgrund der Story Vorgaben, damit diese funktionieren kann. Dennoch wäre es schön gewesen, wenn man den Spieler dann und wann Mal ins kalte Wasser geschubst hätte. Jedes Mal wenn ihr wieder eure Sachen zusammenklaubt und aufbrecht, erwarten euch auch neue Herausforderungen und Situationen. Mal gibt es wenig Ressourcen, Mal erwarten euch vermehrt Dürren. Es ist jedoch schwer eine Story-Mission zu verlieren, weil die Kampagne letztlich einem nicht endenden Tutorial gleicht. Wer seine Aufgaben brav abarbeitet, kommt problemlos ans Ziel. Umwege sind nicht nötig. Wer darauf keine Lust hat, ist im Freeplaymodus besser aufgehoben.

In diesem Fall würdet ihr allerdings die gute Story verpassen, die mich ein wenig an Rollenspiel erinnert. Rollenspiel, wie ich es früher in Chats betrieben habe. Die Geschichte wird in Villagers teilweise aus der Sicht von zwei Erzählern dargestellt, teilweise erlebt ihr sie selbst. Als Erzähler fungieren Jecklin und Ursel, die in einer Taverne sitzend berichten. Da beide nicht immer die gleichen Ansichten teilen, kommt es dabei gelegentlich zu Meinungsverschiedenheiten, welcher Teil der Geschichte ausgelassen werden sollte und welcher erzählt werden muss. Das Gespann ist sympathisch und es hat mir viel Spaß bereitet, ihren Worten zu lauschen.

Derzeit leider nicht wortwörtlich. Die Erzählung muss in Textform verfolgt werden,  da dafür noch keine Sprachausgabe zur Verfügung steht. Diese befindet sich aktuell in Arbeit. Lesefaule Spieler haben im Moment wohl wenig Freude mit der Geschichte.

Villagers Dorf

Vom holprigem Start zum spaßigem Zeitvertreib

Inzwischen haben wir geklärt, dass Villagers kein Banished 2.0 ist und eine tolle Geschichte hat. Doch wie sieht´s spielerisch aus? Denke ich ein paar Wochen zurück, schwirren in meinem Kopf einige Bugs, Macken und Kinderkrankheiten umher. Zu Beginn war es zum Beispiel schwierig, eine Story-Mission mittendrin zu unterbrechen. Hat man das Spiel gestartet und den Spielstand geladen, hingen aktuelle Aufgaben fest. Also musste man abbrechen und die Mission erneut starten. Diese Zeiten sind glücklicherweise vorbei. Entwickler bumblebee war in den letzten Wochen wirklich fleißig. Alle paar Tage gab es ein neues Update für das Spiel. Schwerwiegende Bugs gehören der Vergangenheit an. Speicherstände lassen sich ohne Probleme laden und funktionieren auch, wie sie sollen. Zuletzt konnte ich ohne nennenswerte Macken planen und bauen.

Erwähnenswert ist aber nicht nur die rasche Behebung von Fehlern. In den vergangenen Wochen kamen einige neue Karten und nützliche Funktionen ins Spiel. Entwickler bumblebee ist bisher gut und schnell auf die Wünsche der Spieler eingegangen. So gab es zunächst etwa nur sehr kleine Karten im Freeplaymodus. Nachdem dies kritisiert wurde, hat man ein paar größere Maps nachgereicht. Während ich vor ein paar Wochen noch ein wenig skeptisch war, macht Villagers inzwischen wirklich Spaß. Da es relativ kurzweilig ist, spiele ich nach wie vor immer Mal eine Runde.

Genau da liegt aber auch ein Problem des Spiels. Hartgesottene Strategiefans werden auf Dauer wenig Freude haben. Das Spiel ist dafür schlicht zu einfach und überschaubar. Tiefe lässt sich nicht viel finden. Die Story ist zwar unterhaltsam, aber nach rund sechs Stunden schon wieder vorbei. Was bleibt ist das Freie Spiel. Szenarien oder ein Multiplayer sind nicht vorhanden. Es gibt nicht übermäßig viele Gebäude und die Möglichkeiten der einzelnen Gebäude halten sich in Grenzen. Dazu kommt die Tatsache, dass das Spiel sehr großzügig im Verzeihen ist. Ausversehen den Nachwuchs aus den Augen verloren, oder etwas knapp mit Nahrung kalkuliert? Kein Problem … ihr könnt solche Dinge relativ schnell und oft auch schadensfrei ausbügeln.

Für Genreneulinge und Gelegenheitsspieler ist so etwas natürlich ideal. Ich habe Villagers gerade deshalb so sehr genossen, weil es sich entspannt spielt und vergleichsweise einfach ist. Ich bin durchaus Fan von anspruchsvoller Strategiekost und Games, die über Monate und Jahre fesseln und mein Hirn zum Qualmen bringen. Als Dreifachmama fehlt mir für hochkomplexe und anspruchsvolle Titel allerdings sehr oft die Zeit und manchmal auch die Nerven. Villagers ist kurzweilig und schnell erlernt. Ideal für all jene, die zwar Strategie mögen, aber nicht zahlreiche Stunden in Spiele investieren können oder möchten.

Im Moment krankt es allerdings noch ein wenig bei der Langzeitmotivation. In dieser Hinsicht erinnert mich das Spiel ein wenig an Valhalla Hills. In beiden Games hat man alles gesehen, wenn man einige Stunden damit verbracht hat. Ich hoffe bumblebee reicht in den kommenden Monaten noch ein paar Features, Gebäude, Szenarien oder was auch immer nach, um Villagers auch langfristig interessant zu machen. Durch die überschaubare Anzahl von Gebäuden und den geringen Schwierigkeitsgrad hat man wenig Grund viel Zeit mit Villagers zu verbringen. Zumal sich die Spiele schnell ähneln. Gewisse Dinge funktionieren auf jeder Karte – egal ob Sumpf oder Berge. Zum Beispiel die Nahrungsversorgung via Stall und Viehzucht. Da es auch keine nennenswerten Ketten a la besorge dieses und jenes Material, verarbeite es dann zu Werkzeugen, um dann diese und jene Arbeit verrichten zu können gibt, muss man keinen Kreislauf am Laufen halten. Die einzelnen Berufe und Gebäude sind kaum miteinander verzahnt.

Auch die Sim-Anleihen sind noch ausbaufähig. Wählt ihr einen Bewohner aus, könnt ihr in einem kleinen Fenster wichtige Daten sehen. Hat der Villager Bedürfnisse wie Hunger? Hat er Durst? Erwartet er ein Kind? Alter und Zufriedenheit lassen sich ebenfalls ablesen. Außerdem könnt ihr den Villager sehen und seinen Tagesablauf verfolgen. Wirklich spannend ist der aber nicht. Das System steckt zudem noch in den Kinderschuhen. Gebäude wie die Taverne braucht es nicht. Priester? Kann man haben – muss man aber nicht. Die Villager sind auch zufrieden, wenn man für Wasser und Nahrung sorgt. Der Rest ist schmückendes Beiwerk, welches nicht benötigt wird. Schade.

Es steht zwar vielleicht da, dass der Villager gern einen Partner und ein eigenes Dach über seinem Kopf hätte, die Zufriedenheitsanzeige ist aber trotzdem irgendwo zwischen gefüllt und beinahe gefüllt.  Auch sonst hinterlassen ein fehlender Priester und eine nicht vorhandene Taverne nicht das Gefühl, dass etwas fehlen würde. Ob´s einen Unterschied macht, ist letztlich auch egal. Läuft alles prima ohne. Hier darf also gern noch ein wenig nachgebessert werden.

villagers_winter

Mein Fazit:

Nach dem holprigen Start von Villagers war ich zunächst skeptisch. Entwickler bumblebee hat seit Release aber fleißig Updates veröffentlicht, dank denen das Spiel nun rund läuft. Villagers ist ein kurzweiliges und schnell zu erlernendes Aufbaustrategiespiel. Viele vergleichen es gern mit Banished, was wohl an der Optik liegt. Tatsächlich haben beide Titel aber nur wenig gemeinsam. Erwartet ihr ein zweites Banished, könnt ihr die Finger vom Spiel lassen. Die vielen Vergleiche sind letztlich sogar ziemlicher Quatsch, da die beiden Spiele nicht einmal in die gleiche Kerbe schlagen. Beide sind völlig eigenständig – auch wenn einige gerne ein Banished 2.0 sehen würden. Letztlich führen die (ungewollten?) Vergleiche nur zu falschen Vorstellungen und Hoffnungen.

Villagers richtet sich ganz klar an Gelegenheitsspieler und Genreneulinge. Auch jüngere Spieler sollten damit gut zurechtkommen. Es gibt eine überschaubare Anzahl an Gebäuden. Wirklich komplex ist das Spiel nicht. Spaß hat es mir trotzdem gemacht, was an der unterhaltsamen Story liegt. Ich mag den Wechsel zwischen selberspielen und den Erzählern Jecklin und Ursel. Die beiden sind ein sympathisches Gespann. Der Stil erinnert ein wenig an Rollenspiel. Viel nachdenken müsst ihr dabei allerdings nicht, da sich das Spiel nicht traut, euch während der Kampagne von der Hand zu lassen. Wer brav den Vorgaben folgt, kann – wenn überhaupt – nur mit größter Mühe scheitern. Durchspielen lohnt sich dank Story und tollem Soundtrack trotzdem.

Während die Story zu Gefallen weiß, ist das Freie Spiel weniger überzeugend. Auf Dauer kann Villagers nicht fesseln, weil es wirklich einfach ist und nicht übermäßig viele Gebäude und Tiefe gibt. Die einzelnen Komponenten sind nur teilweise miteinander verzahnt und es ist schwer, irgendetwas falsch zu machen. Passiert doch einmal ein Fehler, verzeiht das Spiel sehr großzügig.  Man kann zudem in jeder Region nach Schema F arbeiten. Trotzdem starte ich nach wie vor immer Mal wieder Villagers, um eine Runde zu spielen. Eben weil es schlicht und kurzweilig ist. So sehr ich komplexe Strategie mag – der Zeitplan lässt es nicht immer zu. Geht es euch ähnlich? Dann solltet ihr euch Villagers näher anschauen.

Vielen Dank an bumblebee, für die freundliche Bereitstellung eines Download-Codes.

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Siehe auch

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