Seit jeher habe ich einen Hang zu weiblichen Protagonisten. Egal ob es die Pokétrainerin in Pokémon ist – als man endlich die Wahl zwischen Weiblein und Männlein hatte – Jennifer Mui in Mercenaries oder Ayane in Dead or Alive. Sobald man mir die Wahl lässt, was ich wählen soll, greife ich zur weiblichen Variante. Egal ob vorgefertigte Charaktere, wie die eben erwähnten, oder Editor zur Erstellung eines Charakters – meine Wahl ist fast ausnahmslos sicher. Dann und wann begebe ich mich auch auf Abwege, dergleichen kommt aber nur sehr, sehr, sehr … sehr selten vor. In Guild Wars 2 etwa kommt auf 12 weibliche Charaktere ein einsamer Elementarmagier. Der dürfte sich da allerdings pudelwohl fühlen, so als Hahn im Korbe.
Natürlich habe ich mich in all den Jahren Gaming auch mit der Mutter aller weiblichen Protagonisten befasst und mit Lara Croft Ruinen unsicher gemacht. Kaufgrund waren da allerdings niemals Titten, ihr oft getragenes knappes Höschen und so was wie Sexappeal … also all das, was vermutlich den pubertierenden Jungs da draußen so gut an Miss Croft gefällt, sondern einfach der Charakter an und für sich und das zugehörige Setting. Immerhin konnte ich mir als Kind lange Zeit nichts Spannenderes vorstellen, als später einmal Ägyptologin zu werden.
Schon seit Monaten liebäugelte ich also mit dem neuen Abenteuer von Lara, dass auf den schlichten Namen Tomb Raider hört. Was die Entwickler in den Monaten vor der Veröffentlichung präsentiert haben, machte mich zunehmend hungrig, wobei man mich eigentlich schon hatte, als das GameInformer-Cover zur Enthüllung des Projekts im Internet auftauchte. Fragt mich nicht warum, aber spätestens damals war mir klar, dass ich dieses Spiel brauche und mögen werde.
Für gewöhnlich liege ich mit meinem Instinkt ja richtig, aber hier hatte ich lange keine Gelegenheit, diese Tatsache zu überprüfen – denn ich hatte das Spiel nicht. Glücklicherweise hat Steam stets mehr Angebote, als man Spiele kaufen kann. Am Wochenende habe ich mir also endlich Tomb Raider gekauft – für einen sehr fairen Preis von 12,49 Euro. Schon im Summer Sale gab es dieses Angebot, welches ich damals allerdings ignorierte, da ich gerade erst anfing Steam zu nutzen und mich zunächst mit Spielen eindecken wollte, die ich zusammen mit Freunden spielen kann.
Obwohl ich eigentlich genug offene Baustellen, alias angespielte Spiele, habe, konnte ich der Versuchung nichts entgegensetzen und habe mich noch am Wochenende auf das Spiel gestürzt. Diese Tatsache ist auch (mit) daran schuld, dass ich am Wochenende nicht wirklich aktiv gebloggt habe. Aber hey, hätte ich mich nicht so aufopferungsvoll um Lara gekümmert, könnte ich nun nicht diesen Mist hier von mir geben.
Apropos Spielen und Spiel, vielleicht fange ich langsam an und erzähle euch ein paar Dinge über Tomb Raider. Der Einstieg erfolgt über ein Video, welches Lara einsam auf einer Insel zurücklässt und den Stein so langsam ins Rollen bringt. Ein irrer Inselbewohner hat Lara kopfüber in seiner ziemlich gruseligen Behausung aufgehangen, was sich allerdings mit einigen zunächst zaghaften Schwüngen ändern lässt. Der anschließende Sturz entlockt Lara einen von vielen Schreien, die sie im Spiel von sich gibt, da ihr die Entwickler einiges abverlangen und nicht gerade zimperlich mit ihr umgehen.
Einige Spielminuten später hatte ich mich mit der Steuerung vertraut gemacht (PC-Spiele liegen mir inzwischen erstaunlich gut), hatte Lara aus den Fängen des Irren befreit und bin aus seiner Höhle entkommen. Der Blick, der sich mir nun bot ließ meine Finger sofort gen F12 wandern, um einige Erinnerungsscreenshots zu machen. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich sicher schon zwei Dutzend andere Screens aufgenommen, da mich das Spiel optisch von der ersten Sekunde an begeistert hat. Inzwischen sagt mir mein Screenshot-Ordner, dass ich 234 Bilder gemacht habe, obwohl ich laut Anzeige gerade einmal 18 Prozent Spielfortschritt habe.
Gefesselt hat mich allerdings nicht nur der Look des Spiels, sondern das Gesamtprodukt. Obwohl ich ein gutes Spiel erwartet habe, bin ich total verblüfft gewesen, dass es noch deutlich besser ist, als ich es mir vorgestellt hatte. Ich erwartete ein wirklich gutes Spiel, aber was ich am Wochenende gespielt habe, war noch deutlich mehr als das. Lara macht einen unglaublich authentischen Eindruck und kann mit ihrem Auftritt überzeugen. Ich habe schon lange keinen Charakter mehr in einem Videospiel erlebt, der mich so sehr eingenommen hat.
Auch das Gameplay gefällt mir sehr gut. Zunächst war ich sehr skeptisch, da ich Bögen nur sehr wenig abgewinnen kann in Videospielen. In Tomb Raider habe ich geradezu Gefallen daran gefunden und nutze kaum etwas anderes. Dass der Survival-Part deutlich geringer ausfällt, als von manchen gehofft, stört mich nicht weiter. Ich bin ohnehin nicht der allergrößte Fan von Survival-Spielen.
In meinen Augen macht das neue Lara-Abenteuer alles richtig. Die Stimmung schwankt zwischen Hoffnung und Angst. Schleicheinlagen – die ich eigentlich nicht so sehr mag – wechseln sich mit Schusswechseln und Klettereinlagen ab. Meistens stürze ich mich ziemlich kopflos ins Gewühl, dieses Spiel schafft es allerdings tatsächlich, mich zu einer bedachten Vorgehensweise zu animieren, die man sonst so überhaupt nicht von mir kennt. Statt blindlings mit Schusswaffe in die Gegner zu rennen, hocke ich mit meinem Bogen im Schutz einer Deckung und erkunde, wie viele Feinde mich wohl erwarten und wie ich zunächst so viele wie möglich unbemerkt ausschalten kann, ehe ich den verbleibenden Gegnern das Licht ausknipse. Allein dafür weiß ich das Spiel sehr zu schätzen. Es bringt mich dazu, von meiner üblichen Spielweise abzurücken und die Dinge einmal ganz anders anzugehen.
Leider habe ich es bisher nicht bis zum Abspann gebracht, aber alles was ich bisher gesehen habe reicht aus um zu sagen, dass dieses Spiel definitiv ein heißer Favorit in diesem Jahr ist. Was ich bisher gespielt habe könnte sogar ausreichen, mein heiß geliebtes BioShock Infinite vom Thron zu stoßen, welches bisher zumindest das Spiel des Jahres 2013 für mich ist. Ob Miss Croft hier eine Chance hat Booker DeWitt und Elizabeth zu verdrängen vermag ich noch nicht zu sagen, dafür muss ich auch das Croft-Abenteuer zu Ende gespielt haben. Aber Tomb Raider fesselt mich, wie es seit Infinite kein Spiel mehr getan hat.
Am liebsten würde ich euch nun von einigen ziemlich packenden Stellen des Spiels erzählen. Aus Rücksicht vor Spielern, die bisher keinen Blick auf den Titel geworfen habe, möchte ich aber doch darauf verzichten und übermäßige Spoiler vermeiden. Gerade ein Spiel wie dieses lebt davon, dass man es erlebt und sich überraschen lässt, was hinter der nächsten Ecke auf einen wartet.