Entwickler: Baroque Decay Publisher: Baroque Decay Genre: Abenteuer, Horror, Indie Plattformen: PC Preis: ca. 9,99 Euro Offizielle Website: http://www.thecountlucanor.com/
Wenn die Märchenstunde zur Horrornacht wird
Wie es der Zufall so möchte, hatte ich vor einigen Tagen in meinem Postfach eine Pressemitteilung zu The Count Lucanor. Andernfalls wäre das Projekt womöglich gänzlich an mir vorübergegangen. Obwohl der Titel schon vor geraumer Zeit angekündigt wurde, hatte ich bis kurz vor Release nie von dem Spiel gehört. Dabei liest sich die Beschreibung sehr interessant. Ein Mix aus Puzzle, Stealth und Entscheidungen. Dazu kommen Inspirationsquellen wie Silent Hill und The Legend of Zelda, ein Soundtrack für den Stücke von Johan Sebastian Bach genommen wurden und optisch ein Mix aus 8- und 16-bit Style.
Aber worum geht’s überhaupt? In The Count Lucanor schlüpft ihr in die Rolle des Jungen Hans. Er lebt zusammen mit seiner Mutter in einem bescheidenen Häuschen am Waldrand. Die Familie steckt in finanzieller Not und der Vater musste in den Krieg ziehen. Es ist der 10. Geburtstag von Hans. Dieser hat allerdings wenig Grund zu feiern. Seine Mutter hatte weder für ein Geschenk das nötige Gold, noch für ein paar Süßigkeiten. Der Junge ist deshalb so wütend, dass er beschließt, sein Elternhaus zu verlassen. Schweren Herzens lässt ihn seine Mutter ziehen, nachdem sie ihm Stock, Käse und die letzten drei Goldmünzen überreicht hat. Nach einer Mahnung der besorgten Mutter, Hans solle nicht vom Weg abkommen, verlässt der Junge sein Heim.
Unterwegs trifft er einen Kobold, der ihm Reichtum verspricht, wenn er den Namen der Kreatur richtig errät. Neugierig folgt Hans dem Wesen und landet schließlich in einem finsteren Schloss. Dort muss er in verschiedenen Räumen nach Schatzkisten suchen, aus denen Buchstaben kommen. Diese sollen letztlich zum Namen verhelfen.
Schon zu Beginn fallen die vielen Anspielungen auf bekannte Märchen auf. Davon gibt es auch im späteren Spielverlauf etliche. Im Grunde genommen ist The Count Lucanor ein Märchen zum Spielen. Es erinnert an die Geschichten der Gebrüder Grimm. Allerdings hat der Titel wenig mit den heute oft gedruckten modernen Fassungen gemeinsam. Stattdessen orientiert sich die Geschichte des Spiels an den teilweise ziemlich gruseligen und bisweilen geradezu brutalen Originalen.
Auf den ersten Blick mag das Game relativ niedlich aussehen. Hinter der Fassade steckt allerdings ein Horror-Spiel mit blutrünstigen Ziegen und anderen fiesen Kreaturen. Nun wäre es natürlich einfach, die Pixel-Viecher zu Brei zu schlagen … diese Möglichkeit steht allerdings nicht offen. Stattdessen müsst ihr euch unter Tischen verkriechen, das richtige Timing abwarten und notfalls schnell das Weite suchen. Gefahren lauern außerdem überall in Form von Fallen.
Glücklicherweise findet ihr im Schloss überall Lebensmittel wie Brot und Nüsse, mit denen ihr eure Lebenspunkte regenerieren könnt. Nichtsdestotrotz ist es ratsam, regelmäßig zu speichern. Dafür benötigt ihr allerdings ab dem Schloss jedes Mal eine Goldmünze – was meiner Meinung nach ein wenig unglücklich gelöst ist. Stellenweise ist das Spiel ziemlich knifflig. Einerseits stellt es natürlich eine gewisse Herausforderung dar, dass man nicht unbegrenzt und nach Belieben abspeichern kann. Andererseits ist es gerade am Anfang schwer einzuschätzen, wie viele Münzen man im Spielverlauf bekommen wird. Im Schlossgarten ist ein Händler, der einige Gegenstände anbietet. Da Gold zu Beginn sehr rar ist, neigt man eher zum Sparen – was einem allerdings ab einem gewissen Punkt auf die Füße fallen kann. Wer mit seinen Münzen knausrig umgeht, muss sich auf einige Wiederholungen einstellen. Fallen und die dunklen Kreaturen können einem schnell das Leben aushauchen. Ärgerlich ist es auch, wenn ihr nach eurem Fortschritt nicht mehr zum Brunnen kommt und Rätsel erneut abschließen müsst.
Für den ersten Spieldurchlauf können rund drei Stunden eingeplant werden. Darüber hinaus gibt es allerdings noch einiges im Spiel zu erleben. So könnt ihr beispielsweise immer wieder Entscheidungen treffen, die den Spielverlauf beeinflussen. Allein deshalb lohnt ein zweiter Durchgang. Davon abgesehen gibt es verschiedene Enden, die von euren Entscheidungen im Spielverlauf abhängig sind.
Obwohl der Titel relativ kurz ist, hat das Spielen viel Spaß gemacht. Der Mix aus Adventure und Horror ist Entwickler Baroque Decay gut gelungen. Der Titel ist zwar sowohl spielerisch, als auch optisch sehr schlicht gehalten, aber in diesem Fall ist weniger definitiv mehr. Der Mix aus 8- und 16-bit Optik sieht toll aus und die Zwischensequenzen sind wirklich liebevoll gestaltet.
Neben dem Speichersystem haben mich nur die Startschwierigkeiten des Spiels gestört. Bisweilen dauert es quälend lang, bis der Titel läuft. Manchmal schien es sogar so, dass sich die Software beim Starten aufgehangen hat. Letztlich ist dies aber nur eine Frage der Geduld gewesen. Die Ladezeit ist zu Beginn relativ hoch. Im Spiel ist die dann Geschichte. Selbst wenn man nach einem Tod nachladen muss, geht es sehr schnell.
Mein Fazit:
Wer auf der Suche nach einem kurzen Abenteuer mit Charme ist, sollte The Count Lucanor eine Chance geben. Der Pixel-Look weiß zu gefallen, die musikalische Untermalung ist gelungen und obendrauf gibt es zahlreiche Anspielungen auf bekannte Märchen. The Count Lucanor ist wie ein Märchen der Gebrüder Grimm zum Spielen. Ein Märchen in der gruseligen und grotesken Urfassung und nicht in der glattgebügelten modernen Fassung.
Obwohl der Titel mit rund drei Stunden Spielzeit kurz ausfällt, gibt es auch danach noch viel zu erkunden. Diverse Errungenschaften, Entscheidungen und unterschiedliche Enden erhöhen den Wiederspielwert ungemein.
Was mich ein wenig stört, ist das unerbittliche Speichersystem des Spiels. Ihr müsst für jeden Speichervorgang eine Münze in einen Brunnen werfen, damit ein schwarzer Rabe euren Spielstand sichert. Habt ihr gerade eines der schwereren Rätsel gelöst, könnt ihr nicht einfach euren Fortschritt speichern. Es gilt erst den Brunnen erneut aufzusuchen. Wer dabei das Zeitliche segnet, fängt wieder beim letzten Speichervorgang an – was manchmal frustrierend sein kann.
Trotz des Speichersystems gibt’s von mir eine Kaufempfehlung für The Count Lucanor. In den letzten Wochen hatte ich wirklich unglaublich viele Spiele, von denen viele sehr viel Spaß gemacht haben. Dieses hier ist trotzdem etwas ganz Besonderes gewesen. Es war eine tolle Abwechslung zwischen all den großen Spielen, dieses kleine Juwel zu spielen. Es hat mich ein wenig an meine Kindertage erinnert und die Gruselgeschichten, die man sich damals erzählte.
Anmerkung: Das Spiel ist nur in Englisch Französisch und Spanisch spielbar.
Vielen Dank an Baroque Decay, für die freundliche Bereitstellung eines Download-Codes.