Entwickler: SEGA Publisher: Koch Media Genre: Action-Adventure Plattformen: PlayStation 4 Preis: ca. 59,99 Euro Offizielle Website: http://yakuza.sega.com/yakuza6/home.html
Sayonara
Abschiede sind selten einfach und der von Kazuma Kiryu schmerzt besonders. Der in die Jahre gekommene Protagonist diverser Yakuza-Spiele erlebt in Yakuza 6: The Song of Life sein letztes großes Abenteuer. Zumindest nachdem er Mal wieder aus dem Gefängnis entlassen wird. Nach seiner Entlassung zieht es ihn zum Morning Glory Waisenhaus und er blickt auf eine friedliche Zukunft mit Haruka Sawamura. Diese Hoffnung wird jäh zerschlagen als er das Waisenhaus erreicht. Haruka ist schon vor Jahren verschwunden und die Kinder im Waisenhaus wissen nichts über ihren Verbleib.
Für Kiryu ist Haruka wie eine Tochter und er begibt sich auf die Suche. Diese endet mit einem Paukenschlag. Sein Wiedersehen mit Haruka könnte nicht tragischer sein. Die junge Frau liegt bewusstlos in einem Krankenhaus, nachdem sie von einem Auto angefahren wurde. Der Polizeidetektiv Makoto Date eröffnet seinem Freund Kiryu, dass sie zum Zeitpunkt des Unfalls ein kleines Kind bei sich hatte. Das Kind gehört Haruka und Kiryu begibt sich auf die Suche nach dessen Vater. Dabei wird er immer tiefer in dunkle Machenschaften hineingezogen, die auch das Baby Haruto bedrohen. Der Abschied des Drachen von Dojima ist sehr emotional und die Reihe zieht noch einmal alle Register.
Kazuma Kiryu ist knallhart und blickt jeder Gefahr ohne mit der Wimper zu zucken ins Auge. Doch es gibt noch eine gänzlich andere Seite an Kiryu, die nur die wenigsten kennen. Kazuma Kiryu der beinahe hilflos den kleinen Haruto in seinen Armen hält und seine Familie über alles liebt. Diese extremen Gegensätze machen den Drachen von Dojima zu einem der interessantesten Videospielecharaktere überhaupt. Die Entwickler haben über viele Spiele hinweg einen Charakter mit viel Tiefe und Persönlichkeit geschaffen, der wohl nicht nur mir künftig fehlen wird.
Babysitting, Karaoke und fliegende Fäuste
In Yakuza 6: The Song of Life teilt ihr natürlich wieder reichlich Schläge und Tritte aus. Kiryu wird schließlich nicht grundlos der Drache von Dojima genannt. Das Kampfsystem ist leicht zugänglich, bietet aber trotzdem ausreichend Feinheiten, um auch Coregamer bei Laune zu halten. Für Yakuza keine Selbstverständlichkeit. Das im letzten Jahr veröffentlichte Yakuza Kiwami ist nicht so einsteigerfreundlich, was nicht zuletzt am Kampfsystem liegt. So gut Kiwami auch ist – die verschiedenen Kampfstile in dem Spiel machen es Anfängern nicht immer einfach.
Auch in anderen Bereichen ist Yakuza 6 zugänglicher. In Kiwami ist es teilweise echt schwer, einfach Mal gemütlich durch die Stadt zu laufen und zu erkunden. An jeder Ecke warten Besoffene, Schläger, Yakuzamitglieder oder andere kampfeslustige Personen. Solche Begegnungen gibt es natürlich auch in Yakuza 6. Allerdings in einer angenehmeren Häufigkeit. Das Spiel lässt euch genug Luft und Verschnaufpausen, um die beiden Orte Onomichi (Hafenstadt in der Präfektur Hiroshima) und Kamurocho (Rotlichtbezirk in Tokio) in Ruhe zu erkunden. Diese sind die Schauplätze des Spiels. Wenn ihr nicht gerade in Kämpfe verwickelt seid, könnt ihr euch dort die Zeit vertreiben und dabei allerlei Aktivitäten nachgehen.
So gibt es etwa die Möglichkeit im Internetcafé per Videochat mit Frauen zu schreiben, die sich zumindest in Teilen auch für euch entkleiden. Wenn ihr es lieber musikalisch angehen möchtet, könnt ihr euch stattdessen in einer Karaokebar rumtreiben. Oder aber ihr wählt sportliches Vergnügen und schlagt mit dem Baseballschläger Bälle gegen eine Wand. Edel wird es im exklusiven RIZAP-Fitnessstudio, wo euch ein Personal Trainer zur Seite steht. Diesem schickt ihr nach geleisteter Arbeit beim Training anschließend auch noch per Smartphone ein Foto eures Essens. Fotografieren könnt ihr übrigens auch Kiryu und seine Umgebung per Smartphonekamera. So lassen sich hübsche Erinnerungsfotos schießen. Freizeitbeschäftigungen bietet Yakuza 6: The Song of Life in rauen Mengen, auch wenn einige unnötig schwer zugänglich sind und an ein Buch mit sieben Siegeln erinnern. Yakuza-Fans sind daran wohl schon gewöhnt.
Während ihr von den meisten Beschäftigungen die Finger auch einfach lassen könnt, habt ihr bei der Babybetreuung keine Wahl. Ihr werdet also einiges an Zeit damit verbringen, mit Haruto auf dem Arm durch die Spielwelt zu laufen. Trefft ihr dabei auf Angreifer, drückt Kiryu das Kind von allein in die Hand eines nahen Passanten, teilt ein bisschen Prügel aus und nimmt das Kind wieder an sich. Einige Male ist auch Bespaßung angesagt. Indem ihr den Controller bewegt oder über das Touchpad streicht, lässt sich Haruto durch die Luft wirbeln und anderweitig unterhalten. Nach einigen Spielstunden rückt Haruto dann zunächst in den Hintergrund. Ihr müsst ihn also nicht das ganze Spiel hinweg bei euch haben.
Taktisch geht es in den Clankämpfen zu. Nach einigen Spielstunden könnt ihr euren eigenen Clan gründen und in Kämpfen eure Clanmitglieder befehligen. Dies sorgt nicht nur für zusätzliche Abwechslung, sondern füllt auch euren virtuellen Geldbeutel gut. Gleichzeitig wirkt das neue Feature aber auch ein wenig fehl am Platz. Es mag einfach nicht so richtig ins Gesamtbild passen. Die Story von Yakuza ist auch im neuesten Ableger sehr ernst, düster und rau, während die Nebenbeschäftigungen oft zum Schreien komisch sind und das Spiel auflockern. Der Clan wirkt daher schon fast wie ein Stilbruch.
Dragon Engine für den Drachen
Für das letzte Abenteuer von Kazuma Kiryu haben die Entwickler auch in Sachen Grundgerüst noch einmal alle Register gezogen. Die neue Dragon Engine sorgt für hübsche Lichteffekte, geringere Ladezeiten, die Möglichkeit vor Kämpfen davonzulaufen aber auch die Möglichkeit mehr Charaktere auf kleinem Raum unterzubringen. Autosaves erleichtern das Leben von Kiryu und persönliche Wegpunkte unterstützen euch während des Spiels. Diese Funktion ist vor allem bei Nebenaufgaben sehr nützlich Yakuza 6: The Song of Life ist schicker und komfortabler als ältere Serienableger. Das Spiel ist nicht so sperrig wie andere Teile und so ein idealer Einstieg für Neulinge. Es ist übrigens nicht nötig, die anderen Ableger gespielt zu haben. Die Story funktioniert auch gut als eigenständige Geschichte. Darüber hinaus findet ihr im Spiel eine Kurzzusammenfassung vorheriger Ereignisse.
Alles in allem wirkt Yakuza 6: The Song of Life sehr rund. Die Entwickler haben ein gutes Händchen dafür, schrägen Humor mit emotionalen Momenten zu paaren. Nicht zuletzt deshalb ist die Reihe so erfolgreich. Die Spiele fühlen sich einzigartig an und haben ihren ganz eigenen Charme. Yakuza ist unverkennbar Yakuza und kann nicht einfach mit anderen Spielen verglichen werden. Obwohl ich im Laufe meines Lebens Hunderte Spiele gezockt habe, fiele mir nicht ein vergleichbares Produkt ein. Kleine Macken verzeihe ich dem Spiel daher gern. Die Nebenmissionen sind noch immer auf Fetch-Quest-Niveau, manche Minispiele erinnern an Ratespiele und manche Nebenmissionen scheitern einfach, weil sie dort stattfinden, wo euch eure Story hinführt. Erzählerisch ist Yakuza nach wie vor nicht das beste Spiel und auch einige altere Charaktere werden viel zu stiefmütterlich behandelt. Nichtsdestotrotz bleibt ein gutes Spiel, welches über einige Abende hinweg an den Bildschirm fesselt und keine Langeweile aufkommen lässt. Vorausgesetzt, ihr stört euch nicht an der fehlenden Lokalisation. Ihr solltet kein Problem mit englischen Texten haben, wenn ihr dem Spiel folgen möchtet.
Mein Fazit:
Mit Yakuza 6: The Song of Life müssen wir uns von Kazuma Kiryu verabschieden, der eine große Lücke hinterlässt. Wie auch immer die Zukunft der Serie aussieht – der neue Protagonist tritt in verdammt große Fußstapfen. Yakuza 6 erzählt eine sehr emotionale Geschichte und lockert diese mit den gewohnt ulkigen Minispielen auf. Es wirkt reichlich komisch, wenn Kiryu beim Karaoke Songs zum Besten gibt oder bei einem Videochat begeistert in die Tastatur haut. Die schmale Gratwanderung zwischen Humor und Ernsthaftigkeit ist den Entwicklern einmal mehr gelungen. Wir könnten es auch Yakuza-Formel nennen.
Während sich in Sachen Gameplay nur wenig getan hat und sich auch Yakuza 6: The Song of Life wie ein typisches Yakuza-Spiel anfühlt, hat sich optisch einiges getan. Der Drache von Dojima ist endlich in der heutigen Zeit angekommen. Auch in Sachen Komfort kommt euch das Spiel viel mehr entgegen als vorherige Ableger. In Sachen Erzählung und Nebenmissionen ist hingegen noch immer Luft nach oben. Auch das neue Clanfeature mag nicht so recht überzeugen. Schwamm drüber, Yakuza 6 bietet gute Unterhaltung und den richtigen Mix aus Action, Story und albernen Nebenbeschäftigungen. Fans werden ihre Freude damit haben und Neulinge sollten überlegen, nun doch einzusteigen. Noch nie war Yakuza so zugänglich.
Bildquelle: SEGA