Piraten einer anderen Zeit
Skull and Bones setzt dort an wo Assassins Creed 4: Black Flag seinerzeit glänzte – bei epischen Seeschlachten mit ordentlich Piratencharm. Auf der gamescom konnten wir den Titel anspielen und uns selbst ein Bild von dem möglichen Sea of Thieves-Konkurrenten machen.
Während der Demo standen uns drei Schiffe zur Auswahl. Die Black Horn ist ein kleines und wendiges Schiff, das zwar in der Feuerkraft eingeschränkt ist, aber mit der Ramme verheerenden Schaden anrichten kann. Der Jaeger ist ein mittelgroßes Schiff, das auf lange Distanzen ausgelegt ist, im Nahgefecht aber schnell zur fahrenden Fackel wird. Die Royale Fortune ist ein mächtiges Schlachtschiff, mit Unmengen Kanonen und Panzerung, dafür aber langsam und träge.
Offensichtlich gibt es nun auch den Zwang, Klassensysteme bei Schiffen einzuführen. Da könnte man glatt von Realismus sprechen. Denn eine Brigg verhält sich schließlich nicht wie eine Schaluppe oder Galeone, nicht wahr? Prinzipiell ist das so. Auf der anderen Seite wäre jede Marine der Welt neidisch auf diese Schiffe. Trump würde vermutlich eine ganze Armada ordern. Doch fangen wir langsam an.
Wie wir unsere Gegner in die Zange nehmen, hängt von der eigenen Schiffswahl ab. Mit der Black Horn sind wir schnelle Manöver gefahren, um gegnerische Schiffe zu rammen. Auf die Kanonen haben wir weitestgehend verzichtet, denn der Schaden stellte sich als geradezu lächerlich heraus. Beim Jaeger hingegen das genaue Gegenteil: Aus der Ferne feuern und Abstand wahren. Das klingt ein wenig wie ein Sniper aus einem Shooter? So fühlte es sich auch in etwa an. Das Deckungssystem funktioniert wie gewohnt. Gehen wir rechtzeitig vorm Einschlag feindlicher Geschosse in Deckung, überstehen wir Angriffe weitestgehend unbeschadet.
In jedem Fall braucht es förmliche Rammorgien oder Kanonenhagel, um merklich Schiffe zu beschädigen oder zu versenken. Kein Wunder, dass das Kanonenfeuer mehr einem Maschinengewehrhagel gleichen muss. Hier stimmt das gefühlte Verhältnis nicht. Seit wann können Kanonen so schnell schießen? Wir sehen ein, dass es ein Spiel sein soll und Spaß machen muss. Doch langsameres Kanonenfeuer und eine andere Schadensskalierung wären hier unserer Ansicht nach die bessere Wahl gewesen. Das würde auch Tempo aus dem Spiel nehmen, bei dem sich jedes Schiff wie eine Jackdaw auf Steroide anfühlt. Das hohe Tempo passt nicht zur Zeit und wirkt sehr aufgezwungen.
Sehr schade. Alles andere wirkt stimmig. Wir müssen auf Windrichtung und Seegang achten. Unser Bootsmann brüllt mit Elan unsere Befehle übers Deck, die Männer singen, lachen und schreien. Wir fühlen uns wie ein Piratenkapitän. Dazu tragen auch die passende Optik, die musikalische Untermalung und die gewaltige Soundkulisse bei. Jeder Kampf gleicht einer bedrohlichen Kulisse. Doch sobald es ins Gefecht selbst geht, mag sich nichts mehr passend anfühlen.
Mein Fazit:
Skull and Bones trampelt die Pfade des Vorbilds Assassins Creed 4: Black Flag weit aus. Mit dem spielerischen Tempo eines Far Cry, wirken die Schiffe wie aus dem falschen Jahrhundert. Statt taktische Seegefechte mit bedachter Positionierung und kräftigen Geschossen, erhalten wir Ballerorgien in Piratenmanier. Das Gameplay mag nicht zum Setting passen, doch bis zum Release ist noch einiges an Zeit. Die Stimmung und die Atmosphäre auf See, sind jetzt schon spektakulär. Selbst wenn sich das Gameplay nicht mehr großartig ändern mag, werden sich sicher Fans von Fregatten mit gefühlten 500 Schuss pro Minute finden. Bis dahin bleiben wir erst einmal an Land und behalten den Titel mit dem Fernrohr zähneknirschend im Auge. Selbst einem gewissen Pirat* wäre dieser Trip wahrscheinlich zu wild gewesen.
*Aufgrund des neuen EU Copyright-Gesetzes dürfen wir den Namen des Piraten wohl möglich gar nicht mehr nenne. Er stammt aus einer beliebten Filmreihe von Disney und ist für seinen außergewöhnlichen Humor sowie seiner Liebe zu Rum und Frauen bekannt.
Bildquelle: Ubisoft