… virtuellen Gemeinschaften – Guild Wars 2

Wenn es um Genres bei Videospielen geht, bin ich ausgesprochen flexibel. Zu den wenigen Ausnahmen, von denen ich die Finger lasse, gehören MMOs. Sie fressen Zeit, setzen für Endgameinhalte oft eine organisierte Gruppe voraus und wer nicht am Ball bleibt, verliert schnell den Anschluss. Alte Inhalte drohen zu verwaisen und für Spätzünder wird es dann unter Umständen zäh. Zwar wahre ich meist Abstand zu MMOs, doch gelegentlich mache ich eine Ausnahme. Eine solche ist für mich Guild Wars 2. Seit dem Headstart im August 2012 bin ich dabei.

In diesen mehr als 7 Jahren habe ich freilich nicht immer aktiv gespielt. Guild Wars 2 ist für mich fast so etwas wie ein Spiel zwischen den Spielen. Habe ich etwas abgeschlossen und nicht längst ein neues Spiel auf dem Radar, ist Guild Wars 2 mein Lückenfüller. War ich vorher lange inaktiv, bleibe ich oft für eine Weile hängen. Dies liegt am Konzept des Spiels, welches für Gelegenheitsspieler gut geeignet ist. Wie kaum ein anderes MMO verzeiht Guild Wars 2 lange inaktive Phasen. Verpasste Storys der Lebendigen Welt sind rasch nachgeholt und jüngere Maps zumindest so gut besucht, dass das Spielen von Events dort möglich ist.

Der Grund warum ich trotzdem immer wieder das Spiel zeitweise an den Nagel hänge, ist die Politik der Entwickler. Diese lässt sich gut mit „Zwei Schritte vor, einer zurück“ beschreiben. Wir Guild Wars 2 Spieler meckern gern, aber leider oft genug auch gerechtfertigt. Dabei geht es oft um Dinge wie fehlende Veränderungen und zu viel Abstand zwischen Releases. Gleichzeitig kommen die Entwickler aber immer wieder mit tollen Neuerungen, wie den Strike Missions, der Garderobe, Build Speichermöglichkeiten und 2-vs.-2 Saisons im PvP. Vieles machen die Entwickler richtig, wenn sie nicht gerade wieder in das nächste Fettnäpfchen getreten sind. Unter Spielern wird längst gewitzelt, ArenaNet müsse einen Fettnäpfchenbeauftragten haben, der die Entwickler zielstrebig ins Nächste manövriert.

Zeitweise geht die Entwicklung aber immer wieder in die richtige Richtung, so wie aktuell auch. Noch immer kann ich als Spielerin oft – viel zu oft – den Kopf schütteln. Aber der Großteil der Releases, Neuerungen und Anpassungen gefällt mir.

Die letzten Monate blickte ich nur sehr sporadisch und immer kurz ins Spiel, um mich als ein Offizier meiner Stammgilde mal gezeigt zu haben. Eine Mission, ein paar ausgetauschte Worte im Chat und schon war ich wieder verschwunden. Bis mein Mann Nägel mit Köpfen machte und mich im WGA – „Was geht ab?!“, unser Gildentool, für die Organisation von Aktivitäten – einfach für den Raid eintrug. Meinen Wiedereinstieg in die Raids schob ich Monate vor mir her und lange war ich dieser Form von anspruchsvollem Content auch aus gesundheitlichen Gründen schlicht nicht gewachsen. Nun saß ich also wieder in diesem Boot und brachte bei unserem Raidleiter in Erfahrung, was ich aufgrund meines vorhandenen Equipments spielen soll.

Um wenigstens wieder ein bisschen Gefühl für die beiden Klassen zu bekommen, zog ich los und erkundete einige der PvE-Inhalte, die ich verpasst hatte. An einem Samstagabend – unser Raidabend – war es schließlich soweit. Viele vertraute Stimmen im Teamspeak, einige vertraute, aber verblasste Bosse und neue Kämpfe füllten den Abenden. Natürlich inklusive einiger Wipes, die ich verursacht habe. Zum Glück ist meine Gilde geduldig und auch unsere Aushilfen aus anderen Gilden sind es.

Gilden sind ein entscheidender Faktor, warum es mich überhaupt immer wieder in das Spiel zieht. Guild Wars 2 bietet vielen Gelegenheitsspielern ein Zuhause und Gilden wie Silver Sunshine haben sich darauf geradezu spezialisiert. Niemand fliegt, weil er mal ein paar Wochen fehlte. Auch in unseren Stammgruppen rotieren immer mal die Spieler. Ich bin längst nicht die einzige Person, die im Raidteam eine lange Auszeit hatte. Da sind zum Beispiel die anderen Eltern in der Gilde, die zwischenzeitlich Nachwuchs begrüßen durften. Andere Mitglieder haben erfolgreich ein Studium absolviert oder andere Dinge geleistet. Auch mein Mann und ich sind in den 7,5 Jahren Guild Wars 2 noch einmal Eltern geworden.

Hatte ich vor dem ersten „neuen“ Raidausflug noch Sorgen, bin ich inzwischen wieder unter den Ersten, die für die nächste Woche eingetragen sind. Meine Aktivität beschränkt sich längst nicht mehr auf Raids und eventuelle Vorbereitungen dafür. Vor allem im WvW – Welt gegen Welt gegen Welt – bin ich regelmäßig aktiv. Aktuell noch im Zusammenschluss der Server Vaabi und Baruch-Bucht.

Die Konstellation der aktuellen Weltenverlinkung ist übrigens ziemlich spannend, da Vaabi international ist und Baruch-Bucht spanisch. Im Chat gibt es daher ein wildes Durcheinander von englischen und spanischen Beiträgen. Mein extrem mickriger spansicher Wortschatz, hat sich dadurch tatsächlich um einige Vokabeln erweitert. Inzwischen weiß ich, wenn jemand aufgeregt „Sumis, sumis, sumis!!!“ im Chat schreibt, meint er suministros und möchte, dass die Leute mit ihren Vorräten Belagerungswaffen aufbauen. Auch Dinge wie Discord-Pflicht bei öffentlichen Zergs – „necesario discord“ habe ich inzwischen ausgemacht. Man lernt also tatsächlich nie aus, auch nicht in Spielen. Ein wenig werde ich diese Verlinkung, die nach zwei Monaten mit der Woche nun ihr Ende findet, vermissen.

Irgendwie verrückt, aber ich werde es vermissen. Trotz aller Differenzen zeigt es, wie Gemeinschaften auch mit Barrieren funktionieren, daran wachsen und diese überwinden.

 

Doch ich blicke auch optimistisch in die Zukunft. Wer weiß, mit welchem Server (oder Servern?) sich Vaabi in den kommenden Monaten verbünden darf. Vielleicht lerne ich als nächstes ein paar französische Vokabeln? Es bleibt spannend. Egal was kommt, kämpfen werde ich an der Seite meiner WvW-Gilde Fort, der ich mich vor einer Weile angeschlossen habe. Ich mag den Stil von Gildenleiter Praline. Kein Sh**talk, kein Voice, einfach Spaß und gemeinsam etwas für den Server tun. Egal ob in kleinere Roaming-Gruppe oder mit großem Zerg. So macht Gemeinschaft in Spielen Spaß. Ein bisschen Unterhaltung darf zwischen all den Eroberungen und Kämpfen natürlich nicht fehlen. So viel Zeit ist immer.

Für die Motivation habe ich mir natürlich ein paar Ziele gesetzt. Im WvW werkel ich an meinem ersten Legendären Schmuckstück, dem neuen Trinket Konflux. Noch 18 Eroberungen trennen mich von meinem Wappen des Eroberers. Im PvE habe ich dank der Raids die schwere Legendäre Rüstung ins Auge gefasst, für deren Vorstufe mir nur noch wenige Schritte fehlen.

Gerade in der aktuellen Zeit bin ich froh, wieder Freude an Guild Wars 2 zu haben. Mein Mann ist für wer weiß wie lange noch weit weg. Das Spiel verbindet uns, so wie einst der Vorgänger. Dort haben wir uns vor vielen Jahren getroffen. Unsere Beziehung begann virtuell, ehe sie sich ins Reallife verlagerte. Wir haben also eine dieser modernen Liebesgeschichten im Internetzeitalter geschrieben. Es gibt sie wirklich, nicht nur als Mythos. Lange bevor es Dinge wie Tinder gab, fanden sich Menschen in virtuellen Räumen.

Es muss etwa im Jahr 2006 gewesen sein, als ich auf der Suche nach einer Gilde bei SiSu gelandet bin. Mit einigen Leuten aus dieser Zeit bin ich auch im Jahr 2020 noch auf die ein oder andere Art verbunden. Da ist zum Beispiel Ruhe, ebenfalls eine Gilde. Mitglieder sind ehemalige Leute aus dem Giga-Forum. Vor vielen Jahren, als es dieses Forum noch gab, gab es dort einen relativ lebendigen Guild Wars-Bereich. Wie oft wir wohl damals den Riss der Unterwelt unsicher gemacht haben? Das Heiler-Duo Yui und Han ist unvergessen.

Virtuelle Kontakte ersetzen freilich keine Freunde im realen Leben. Dies steht aber aktuell für viele ziemlich auf dem Kopf. Eine virtuelle Gemeinschaft kann ebenfalls eine wunderbare Sache sein. Die aktuelle Zeit ist daher eine gute Gelegenheit, einige virtuelle Kontakte neu aufleben zu lassen und neue zu knüpfen. In diesem Sinne: Liebe Grüße an all die tollen Leute von SiSu, Ruhe und Fort da draußen. Danke für die schönen Stunden, den Spaß, das Lachen im Teamspeak und natürlich bis bald.

Lirum / Yala

Guild Wars 2-Spieler nennen das Spiel auch Fashion Wars 2. Viele sind ständig auf der Jagd nach neuen Looks. Dieser hier ist meiner. Gestatten? Shiva, Soulbeast ihres Zeichens.

Bildquelle: Eigene Screenshots aus dem Spiel Guild Wars 2

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