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Nanotale – Typing Chronicles Preview

Ausflug in den Nanowald

Es gibt Genres, denen unzählige Spiele zugeordnet werden können. Auch in der Spielebranche sind Trends längst ein Thema. MMORPGs, MOBA, Survival, Shooter, Multiplayer … Sicher erinnert ihr euch noch an die Zeit, in der gefühlt jedes Spiel einen Multiplayer hatte und an die Phase, in der Survivalspiele wie am Fließband erschienen. Daneben gibt es aber auch jene Kategorien von Spielen, in denen man Vertreter mit der Lupe sucht. Eine solche Kategorie sind die sogenannten Typing Games.

Grundsätzlich ist die Idee nicht neu. Schon seit zig Jahren gibt es dergleichen, zum Beispiel um Menschen zu unterstützen, Tippen zu lernen. In einigen Berufen etwa ist es wichtig, eine hohe Geschwindigkeit beim Tippen zu erreichen. Erlernt wird das Zehnfingersystem oft mit Unterstützung einer Software. Als Übung dienen bisweilen ziemlich primitive Spiele. In der Unterhaltungsindustrie spielen Typing Games eine sehr untergeordnete Rolle.

Meine erste Berührung damit hatte ich vor einigen Jahren mit The Typing of the Dead: Overkill. Vielen von euch sagt das Spiel womöglich nicht viel, da es bei uns nicht verkauft wird. Ich habe es daher von einem Freund aus der Schweiz bekommen. Ohne ihn hätte ich das Spiel und vielleicht auch das Genre nie kennengelernt. Größere Bekanntheit erlangten Typing Games 2016 dank Epistory – Typing Chronicles. Es ist das vielleicht bekannteste und beliebteste Typing Game und hat mit Nanotale – Typing Chronicles inzwischen einen Nachfolger.

Seit Ende Oktober ist Nanotale als sogenanntes Early Access-Spiel verfügbar. Das Spiel ist also noch in der Entwicklung, aber in Teilen bereits spielbar. Verfügbar ist die erste Region, der Nanowald. Dieser umfasst etwa 35 Prozent des Spiels, laut Angaben der Entwickler. Ich selbst durfte eine Weile vor Early Access-Start mit meinem Abenteuer beginnen und hatte die Gelegenheit, die Entwicklung der letzten Monate zu verfolgen.

Dazu gehörte etwa die Implementierung der deutschen Lokalisation, die zunächst nicht zur Verfügung stand. Auch in Sachen Bugs hat sich seit Release der Early Access-Version viel getan. Waren vor einigen Monaten noch einige Fehler im Spiel, ist deren Anzahl inzwischen deutlich gesunken.

Doch was ist dieses Nanotale – Typing Chronicles überhaupt? Als junge Archivarin verschlägt es euch in eine sterbende Welt. Dort soll Rosalinde – so der Name der Protagonistin – Proben von Pflanzen und Gestein sammeln. Gesteuert wird mit der Tastatur. Nähert ihr euch etwa einem zu analysierenden Gestein, könnt ihr dies durch die Eingabe der angezeigten Worte tun. Thematisch sind diese immer zur jeweiligen Handlung passend. Trefft ihr auf NPCs, könnt ihr oftmals Gespräche starten. In manchen Dialogen habt ihr die Möglichkeit eine Wahl zu treffen. Hierfür werden die angezeigten Worte eingetippt. Klingt kompliziert, funktioniert aber gut und flüßig.

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Kommt es zum Kampf gegen Monster, stehen über diesen Worte. Jedes Mal wenn ihr ein solches eingegeben habt, erleidet das entsprechende Monster Schaden. Die Standardgegner sind mit wenigen Eingaben ausgeschaltet. Bei anderen ist Tempo wichtig. Teilweise kommt es auch zum Kampf gegen ganze Horden von Gegnern. In dem Fall sind zwar viele schnell zu töten, aber euer Tempo und die Fähigkeit priorisieren zu können sind entscheidend. Welche Monster werden euch besonders gefährlich? Welche erreichen euch schneller als andere? Derlei Passagen verlangen etwas Taktik und flinke Finger.

Alles in allem macht das Gameplay viel Spaß und die Spielumgebung lädt zur Erkundung ein. Es gibt diverse Interaktionsmöglichkeiten und die Geschichte – so weit wie sie bisher erlebt werden darf – ist unterhaltsam. Wenn ihr den Vorgänger oder andere Typing Games gut findet, habt ihr gute Chancen auch Nanotale zu mögen.

Merkt man dem Spiel an, dass das Projekt noch in Entwicklung ist? Ja, inzwischen aber sehr viel weniger als noch vor einigen Monaten. Bugs treten relativ selten auf, da die Entwickler den zur Verfügung stehenden Content inzwischen deutlich überarbeitet haben – sprich zig Bugfixes aufgespielt haben. Auch in Sachen Balance ist das Spiel inzwischen deutlich ausgeglichener.

So gab es zum Beispiel um den Release herum noch Gegner, die kaum Schaden genommen haben und deren Lebenspunkte sich rasch regenerierten. Selbst mit flinken Fingern waren diese Kreaturen echte Nervensägen. Inzwischen sind derlei Passagen deutlich entschärft.

Eine Baustelle ist aktuell noch die Wegfindung. Stellenweise sind die Areale relativ groß und verzweigt, was zu lästigen Suchorgien führen kann. Zugegeben gehöre ich zu jenen Leuten, die sich in virtuellen Welten gern mal verfranzen und den Wald vor lauter Bäumen nicht sehen. Stellenweise darf mir das Spiel aber gern bei der Orientierung noch etwas entgegenkommen.

Optisch erinnert das Spiel an den geistigen Vorgänger Epistory. Die Entwickler hatten ein gutes Händchen bei der Wahl der Farbpalette, was der Spielumgebung eine tolle Atmosphäre zaubert. Mein Highlight allerdings ist der Soundtrack. Obwohl ich inzwischen ein paar Mal neu angefangen habe, um den Fortschritt zu verfolgen, werde ich diesem nicht überdrüssig. Ich mag es der Musik im Spiel zu lauschen. Optik und Sound harmonieren gut miteinander und erschaffen eine passende Atmosphäre.

Mein Fazit:

Nanotale – Typing Chronicles ist auf bestem Weg ein solider Epistory Nachfolger zu werden. Hier und dort merkt man den Early Access-Status noch, doch seit Release dieser Version hat sich viel bewegt. Balance, Stabilität und Spielerlebnis haben sich positiv entwickelt und Bugs sind rar geworden. Wenn ihr den Vorgänger gern gespielt habt oder einfach Typing Games mögt, ist Nanotale einen Blick wert. Hier und dort ist das Spiel noch etwas sperrig und nicht so komfortabel, wie es sein könnte, aber der Sprung von Release zur heutigen Version war gewaltig. Inzwischen wirkt alles deutlich runder.

Neben dem Soundtrack ist für mich die große Auswahl an Sprachen ein Highlight. Ich kann sehr schnell mit einer Tastatur schreiben, aber büße doch deutlich an Tempo ein, wenn ich englische Texte schreibe. Das Spiel lässt mich hier sicherer werden und unterhält dabei auch noch deutlich besser als etwa ein langweiliger Speedtest.

Bisher macht die Story einen soliden Eindruck. Komplett ist sie noch nicht spielbar. Auch die Wortwahl überzeugt. Es kommen zwar viele schlichte Worte zum Einsatz, hier und dort wird es aber auch mal eleganter und ausgefallener. Ich persönlich finde diesen Punkt sehr wichtig, da es auf Dauer fad wird, wenn solche Spiele nur mit einem primitivem und kleinem Wortschatz arbeiten. Das Spiel tritt in große Fußstapfen, ist aber auf einem guten Weg, diese auch ausfüllen zu können.

  • Entwickler: Fishing Cactus
  • geplanter Full Release: ca. Oktober 2020
  • Preis: 14,99 Euro (steigt nicht nach Ende der Early Access-Phase)
  • Website: http://www.nanotalegame.com/
  • Plattformen: PC (Steam)
  • Genre: Typing Adventure

Offenlegung: Das Spiel wurde mir kostenlos zur Verfügung gestellt.

Bildquelle: Fishing Cactus

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