Entwickler: Realmforge Studios Publisher: Kalypso Media Genre: Aufbausimulation, Strategie Plattformen: PC (Steam), Xbox One, Xbox Series S/X, PlayStation 4, Playstation 5 Preis: ca. 49,99 Euro (PC), 59,99 Euro (Konsole) Offizielle Website: Spacebase Startopia | Kalypso EU (kalypsomedia.com)
Die Spacebase Startopia ist eröffnet. Einen ersten Blick auf den neuen Titel von Realmforge Studios (Dungeons 3) gab es bereits in unserer Vorschau. Die Donutraumstation dreht fröhlich ihre Runden im Weltraum und zieht als Ort des Friedens und der Erholung Aliens aus sämtlichen Quadranten an. Sagte ich Erholung? Erholung bedeutet Entspannung und wie kann man besser entspannen, als wenn man Spaß hat? Darum steht das Fun-Deck der Raumstation auch im Vordergrund. Hier dürfen sich die Besucher der Raumstation in Diskotheken die Füße wundtanzen, kleine Weltraum-Wollknäule kraulen, bis das Fell abfällt, in Luxushotels nächtigen oder sich einfach mal von einem Black Hole Drop in eine andere Dimension katapultieren lassen.
Arbeit, Spaß und Entspannung – Startopia
Über insgesamt fünf Touristenstufen stellt Spacebase Startopia allerlei Unterhaltungsmöglichkeiten bereit. Wobei jede Stufe ihre eigenen, steigenden Ansprüche hat. Ob ihr anspruchsvoller Touristen würdig seid, wird über ein Zufriedenheitsbarometer bestimmt. Dieses stellt zugleich die Grundlage für die beiden Währungen im Spiel dar. Denn nur zufriedene Besucher geben ihre Energie ab und positive Bewertungen. Die Energie benötigt ihr für Bau und Handel. Positive Wertungen geben Prestige, was die Basis für das Forschungssystem darstellt und für den Zustrom höherer Touristenstufen sorgt. In regelmäßigen Abständen stimmen Besucher über den Zustand eurer Station ab. Müll, defekte Gebäude oder Warteschlangen am Getränkeautomaten sind der Feind jedes erholungsbedürftigen Touris.
Kein Wunder also, dass ihr als Commander auf Startopia viel Zeit damit verbringt, dafür zu sorgen, eben diese Dinge zu verhindern. Doch das müsst ihr nicht allein tun. Zur Seite stehen euch die fleißigen Fuzzy-Druiden, die für euch stets reparieren, putzen und bauen. Je nachdem, was gerade zu tun ist. Das ist auch dringend notwendig, denn gerade im späteren Spielverlauf ist die Hilfe dieser kleinen Multitalente unverzichtbar. Zur Optimierung und zum Betrieb eurer Station gehören nicht nur Fuzzys sondern auch ein Forschungssystem. Hier könnt ihr mit erlangtem Prestige eure Betriebsgebäude über mehrere Stufen hinweg verbessern, sodass Luftaufbereiter beispielsweise einen größeren Radius haben, eure Fabrik schneller produziert oder die Bedürfnisse der Besucher nach Verwendung mancher Infrastruktur schneller sinken.
Ja, die Bedürfnisse. Manchmal ein Buch mit sieben Siegeln. Während einzelne Besucher auf einer Übersichtskarte noch sehr gut die individuellen Bedürfnisse aufzeigen, wird es bei der Masse schon schwierigerer. Hier habt ihr im Grunde nur zwei Indikatoren. In der Besucherliste wird in einem Icon die Stimmung dargestellt und im Abstimmungsfenster findet sich die Zufriedenheit mittels Hashtags eine Auflistung der positiven und negativen Erlebnisse. Was genau und wie viel euch von was zur Befriedigung der Gesamtmasse allerdings fehlt, müsst ihr selbst ermitteln. Eine Tätigkeit, die schnell in mühsamen Mikromanagament endet. Manchmal hat man nur vergessen, in der Fabrik neues Sushi für die Sushi-Bar zu produzieren – wieso gibt es hierfür kein Automatismus? Andere Male gilt es, die Schlangen an den unterschiedlichen Waschanlagen zu überprüfen.
Einmal Vollwäsche bitte
Aliens gehen durch die Waschanlage, das weiß doch jeder. Wenn sie dann mal von der Fressbude wegkommen, sich in der Disco ausgetanzt haben und das Hotelbett nicht weiter belegen, entspannen sie gerne auf dem Bio-Deck. Dieses dient nicht nur der Erholung, sondern hat noch eine weitere wichtige Funktion. Auf dem Bio-Deck fühlt sich nämlich eine der Besucherspezies heimisch, die Dryaden. Diese pflegen und hegen nicht nur die Pflanzen, sondern bauen auch wertvolle Rohstoffe wie Nahrung, Medizin oder Fasern ab. Diese Ressourcen wachsen in neun unterschiedlichen Biomen. Ein Teil der Rohstoffe werden zum direkten Verbrauch benötigt, wie Nahrung und Medizin, Fasern hingegen werden weiterverarbeitet. Diese Verarbeitung findet in der Fabrik auf dem Sub-Deck statt. Eben jenem Deck, was die essenziellen Betriebsgebäude beheimatet. Hier finden sich auch Recycling-Station und Krankenstation, aber auch die Sicherheitszentrale mit ihren Mechs.
So wie auf dem Bio-Deck die Dryaden Baumkuschler sind, hat jede der acht Spezies ihr Tätigkeitsfeld und trägt zum Betrieb eurer Station bei. Vorausgesetzt, ihr stellt die Besucher ein und davon ausgehend die Angestellten haben dann auch Bock zu arbeiten. Wann und wie sie ihrer Tätigkeit nachgehen, ist leider ein reines Rate- und Hoffnungsspiel. So etwas wie eine Dienstplanübersicht wäre hier hilfreich gewesen. Zumeist müsst ihr in Startopia Pi mal Daumen X mehr Angestellte beschäftigen als notwendig, weil der eine gerade Sushi aus dem Pool fischt, während der andere mit einem Mönch philosophiert und der Dritte noch 5 Gehminuten von seinem Arbeitsplatz entfernt ist. Wenn die unterhaltungssüchtigen Aliens dann allerdings mal arbeiten, können Angestellte auch an Erfahrung dazugewinnen und durch Beförderung ihre Skills verbessern.
Damit ihr für alle diese Dinge ein Gefühl bekommt, bietet euch Spacebase Startopia ein Tutorial samt zehn losen Kampagnen-Missionen. Eine zusammenhängende Geschichte gibt es nicht wirklich, eher einen Rahmen. Während die ersten Missionen euch noch schwerpunktmäßig einzelne Funktionen abverlangen wie Müllentsorgung oder Krankenversorgung, müsst ihr bei den späteren Missionen wahre Multitalente werden. Je nach gewähltem Schwierigkeitsgrad warten teils knifflige Herausforderungen auf euch. Dazu gehört immer mal wieder Streit mit Mitbewerbern. Sei es finanziell oder mit Sicherheitsdrohnen und riesigen Mechs. Insgesamt sind die Echtzeitstrategiekämpfe einfach und oberflächlich, erfüllen allerdings ihren Zweck bei der Stationsexpansion.
Aller Anfang war leicht …
Selbst auf dem niedrigsten Schwierigkeitsgrad können spätere Missionen zu Frust führen. Das liegt nicht zuletzt daran, dass das Spielgeschehen trotz seiner simplen Grundmechaniken im Verlauf sehr komplex wird. Mit Weitsicht Spielen ist gerade beim ersten Kampagnendurchlauf von Spacebase Startopia schwierig, denn allzu oft springen wir von einem Problem zum nächsten, kümmern uns um Ärzte, die ihre Arbeit nicht verrichten oder schicken unsere Kampfroboter durch die Gegend, weil der Nachbar mal wieder Stress schiebt. Dazwischen will der Händler Handel betreiben, tauchen Weltraumpiraten auf, muss eine Müllbombe beseitigt werden und und und. Alles ein wenig zu viel des Guten und die eigentlich stimmige Atmosphäre des Spiels, die Spaß und Entspannung mit Humor paart, wird unnötig verzerrt. Eine Pause-Funktion zum Durchatmen und neu orientieren sucht man vergebens. Eine zusätzliche Hilfe wäre es gewesen, die einzelnen Parameter der vorgefertigten Schwierigkeitsgrade selbst anpassen zu können, manche davon vielleicht auch weiter nach unten.
Habt ihr es dennoch geschafft, die Mechaniken des Spiels zu meistern oder wollt eure Fähigkeiten verbessern, steht euch hierfür das Freie Spiel zur Verfügung. Hier könnt ihr euch mit bis zu drei Kontrahenten messen. Übrigens bietet sowohl das Freie Spiel als auch die Kampagne einen Koop-Modus, dieser erleichtert vor allem bei großen Raumstationen die Verwaltung, da zwei Menschen schlicht besser das viele Mikromanagement bewältigen können.
Technisch ist Spacebase Startopia solide umgesetzt, wenn auch für das Jahr 2021 nicht mehr ganz zeitgemäß. An Liebe zum Detail fehlt es dem Spiel dabei in keiner Weise. Sei es beim Design oder dem Humor. Doch Tiefe fehlt Startopia eben nicht nur bei den Mechaniken, sondern auch bei der grafischen Darstellung. Auf der Xbox One hat das Spiel außerdem im späteren Verlauf mit spürbaren Performanceproblemen zu kämpfen. Auf der Xbox Series X sieht die Sache schon besser aus, obwohl auch dort die Performance deutlich abfällt. Was nicht zuletzt dem vielen Gewusel geschuldet sein dürfte, das aber gar nicht so detailreich ausfällt.
Fazit:
Spacebase Startopia bietet solide Aufbaustrategie, Charme und ordentlich Humor. Eine Formel die prinzipiell eine gute Basis darstellt, allerdings in der Tiefe nicht zu Ende gedacht wurde. Es ist ironisch, dass das Spiel in einer Preview bereitgestellt wurde, die eben diese Schwächen im späteren Spielverlauf verschleiert hat. Denn diese Vorschauversion hätte das Potenzial gehabt, gemeinsam mit der Community die Designschwächen des late games zu beseitigen. Nichtsdestotrotz ist Spacebase Startopia ein unterhaltsames Aufbaustrategiespiel, welches sich leider hier und dort selbst im Weg steht. Das liegt daran, dass die Spielfunktionen zwar an Komplexität dazugewinnen, allerdings zur Bewältigung nicht genug Hilfen bereitgestellt werden. In seinen Glanzmomenten ist Spacebase Startopia genau das, was es sein soll und zeigt, wie man eine kultige Marke in die moderne Spielewelt verfrachten kann. Allzu oft wird dieses Gefühl des Spaßes und der Unterhaltung allerdings schnell wieder überschattet. Als würde das Spiel selbst unter einer Art von Schizophrenie leiden. Es bleibt die Hoffnung, dass die Entwickler diese Herausforderung annehmen und die Makel beseitigen. Im Prinzip handelt es sich hier nur um kleine Baustellen, deren Beseitigung dem Spielgefühl sehr zugutekämen.
Bildquelle: Kalypso Media
Offenlegung: Das Spiel wurde von Kalypso freundlicherweise kostenlos zur Verfügung gestellt.